Hallo, mein Name ist Meg Ballon und ich möchte dieses Jahr in Kanada heiraten.
Als gute Projekt Managerin habe ich zuerst recherchiert, welche Unterlagen ich brauche, damit eine Eheschließung in Kanada rechtlich möglich und dann auch in Deutschland anerkannt wird. Die Kanadier brauchen eine Geburtsurkunde (die sie lesen können, also idealerweise ins Englische übersetzt und – wenn nötig – beglaubigt) und ein gültiges Ausweisdokument, idealerweise Reisepass. Super, denke ich … das wird lustig.
Für meinen zukünftigen Ehemann ist das eine Sache von 5 Minuten und 10€ – alles online erledigt und eine internationale Geburtsurkunde bestellt, die nach wenigen Tagen da war. Reisepass liegt eh vor.
Kommen wir zu mir: Auf meiner Geburtsurkunde steht was anderes als in meinem Reisepass.
Als meine Eltern 1988 beschlossen aus dem kommunistischen und korrupten Polen nach Deutschland zu flüchten, hießen wir alle „Balon“ mit einem l. Wir kamen offiziell zu Besuch und haben diesen – wie man sich das unschwer ausrechnen kann – etwas ausgedehnt. Alle Nachweise deutscher Abkommen im Rucksack, war es ein Leichtes die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten. Sie kostete uns allerdings unsere Namen und wenn man so will, auch unsere Identität. denn aus Malgorzata Ewa Balon wurde Margarethe Eva Ballon. Auch die Namen meiner Eltern und Geschwister veränderten sich – ich zitiere:
„Sie haben die Möglichkeit, bereits hier – beim Bundesverwaltungsamt – Ihren Vor- und Familiennamen dem deutschen Sprachgebrauch anzupassen, sowie den Vatersnamen abzulegen. Dies ist ein erster Schritt zur Integration in das Leben in Deutschland.“ – Bundesverwaltungsamt für Spätaussiedler
Lustig, wenn man bedenkt, dass es 1988 kein Gesetz gab, welches das vorgeschrieben hat. Meinen Eltern wurde das auch nicht als Vorschlag unterbreitet, sondern als „das muss so sein, Sie sind ja jetzt Deutsche, also heißen sie auch deutsch.“ Es war also reine Beamtenwillkür. So wurden Nachnamen befreundeter Familien wortwörtlich übersetzt, so dass aus ‚Mucha‘ ‚Fliege‘ wurde oder man bekam irgendeinen Namen, der etwas deutscher klang. Da hatten wir mit einem zusätzlichen ‚l‘ noch ‚Glück‘. /Ironie off
„Bei Antragstellern die wie Sie vor dem 1.1.1993 ausgesiedelt sind, wurden in Friedland, Bramsche bzw. anderen Außenstellen keine rechtlich verbindlichen Namensänderungen vorgenommen. Deshalb gibt es auch keine Namensänderungsurkunden. Bei den seinerzeitigen Namensschreibweisen im Registrierschein handelte es sich lediglich um unverbindliche Änderungen. Das Bundesverwaltungsamt darf Namensänderungen gem. § 94 BVFG nur für Spätaussiedler und deren Abkömmlinge vornehmen, die nach dem 31.12.1992 Aufnahme in Deutschland gefunden haben.“ – Bundesverwaltungsamt Friedland
Mein neuer Name war also lediglich ein „Serviervorschlag“, für den wir nicht mal ein Dokument erhalten haben, die die Diskrepanz zwischen Geburtsurkunde und den aktuellen Ausweisedokumenten erklärte.
Übrigens: Ich war 12 Jahre alt, meine Geschwister 9 und 3 als wir diese neuen Namen erhielten. Ich habe mich keinen einzigen Tag seitdem als „Margarethe“ gesehen, gefühlt oder gar auf den Namen gehört. Die ersten Jahre hatte ich stets einen Zettel bei mir den ich vorzeigte, wenn mich jemand nach dem Namen fragte, weil ich es vermeiden wollte ihn buchstabieren zu müssen. Was ich übrigens bis heute tun muss, denn „der deutsche Sprachgebrauch“ hat in 90% der Fälle keine Ahnung, wie man Ballon schreibt oder Margarethe, denn der/die Beamte/Beamtin damals 1988 in Unna Massen hat es mit dem the noch besonders vornehm gemeint.
Nach einer Odyssee von einem Standesamt zum anderen, Archiven der Spätaussiedler und Bundesveraltungsämtern wird nun doch das Standesamt Bonn mir so eine Namenserklärung ausstellen, damit die Kanadier den Kopf schütteln können … aber dafür sind sie einfach zu höflich. 🙂
Ich für meinen Teil kann es kaum erwarten, bis der Entwurf des neuen Namensänderungsgesetztes in Kraft tritt und ich wenigstens „Margarethe“ loswerden kann, denn an Ballon habe ich mich gewöhnt.
Ach Liebelein, was für eine Odyssee 😳 Gut, dass Du einen langen Atem hast. Bin stolz auf Dich beste Grüße von Steffi 😘
Danke schön 🙂